Mozart Requiem KV 626 Fassung Karl Marguerre & Dorothee Heath
Mozart Requiem KV 626Fassung Karl Marguerre & Dorothee Heath

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Zum Lacrimosa ab T. 9

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Hier folgen zwei kurze Auszüge aus der 100-seitigen Studie von Karl Marguerre: " Mozarts Requiem - ein Torso", in der Marguerre ausführlich die Tonsprache der authentischen Sätze des Requiems mit der der vier Sätze vergleicht, die nur in Süßmayrs Abschrift erhalten sind (Lacrimosa, Sanctus, Benedictus, Agnus Dei). Ziel des Vergleichs und der Tonsatz-Analysen ist es, in diesen Sätzen so genau wie möglich diejenigen Takte herauszufinden, die aufgrund eindeutiger Tonsatz- oder Stimmführungsfehler oder auch sonstiger Ungereimtheiten deutliche "vertikale Brüche" aufweisen, somit wohl nicht von Mozart stammen und verbessert werden sollten.

"......Süßmayr hat sich, wie die Rasur in seinem Autograph zeigt, erst nachträglich für die Wiederholung und damit für die im Gedicht nicht angelegte Verbindung von "parce deus" mit der Conclusio entschieden. D. h. nach allem, was wir wissen, ist es für das Lacrimosa (ab Takt 9) sogar noch unwahrscheinlicher, als für die anderen drei Sätze (die nur in Süßmayrs Abschrift vorliegen), dass Süßmayr - wenn überhaupt - mehr hatte, als mündliche Anweisungen.

1. Zunächst zur Harmonieführung der Takte 9-25: Die ersten beiden Takte beginnen folgerichtig - nach der Dominante A von T. 8 -  in d-moll, aber schon der Sextakkord von Es-Dur T. 11 (auf 1) ist unverständlich: zunächst deutlich ein Neapolitaner, wird er sogleich tonikalisiert, d.h. vom Dominantseptakkord von Es-Dur gefolgt, in Gestalt des Sekundakkords (2. Hälfte v. T.11), aber die Septime (As) löst sich nicht ordnungsgemäß auf, sie wird vielmehr nach A alteriert, über welchem (unvorbereitet!) der Quartsextakkord von d-moll steht (T.12). Unvermittelt schließt sich daran B-Dur an, welches man nachträglich als Dominante von Es-Dur verstehen könnte, aber das As im Alt (letztes Achtel in T. 12) führt (stattdessen) in die Dominante von C-Dur (T.13), wobei das B im Bass willkürlich nach H alteriert wird (der aufsteigenden Basslinie zuliebe werden hier leider alle anderen Regeln der Kunst geopfert).

Aber auch C-Dur ist nicht das Ziel der Phrase: das Ergebnis dieses krampfhaften Bemühens, aus einer Tonart herauszukommen, ist eben diese Tonart selbst, nämlich wiederum d-moll. (die Phrase "beisst sich gleichsam in den Schwanz"). - Das Ziel der nächsten Phrase ist dann F-Dur, die Parallele, aber auch diese wird gegen alle Regeln der Kunst erreicht: die Takte 15 und 16 drehen sich mit dem verminderten Septakkord über D (der auch aus der Luft gegriffen ist) um sich selbst. Das tief alterierte d (= Des) im Bass (T.16, zweite Hälfte) müsste nach C gehen, tut es aber nicht, sondern wird von D gefolgt, über welchem sich ein Terzquartakkord aufbaut, als Doppeldominante zu F-Dur, das dann auch tatsächlich in T.18/19 abschließend erreicht wird....."

Auch zur Stimmführung ab Takt 9 des Lacrimosa äußert sich Marguerre kritisch, so z. B. zum Alt:

"...der Tritonus G1-Cis1 in T.10 müsste nach D1 führen, springt aber wieder nach A1 hinauf. In T- 15/16 finden wir die deutlich auffallende "Melodieführung" eines 8 (!) Mal wiederholten As; unverständlich leider auch die Stimmführung der Takte 25/26 mit ihrer konfusen Tonfolge Es, E, D, (B), H, A. ....." (Das B wurde mittlerweile in den neuesten Ausgaben der Süßmayr-Fassung im Choralt auf D korrigiert - eine Notlösung, denn damit ist der 4-stimmige Chorsatz satztechnisch nicht vollständig, sondern auf die Orstesterergänzung angewiesen).

 

Münster,30.04.2023, D. Heath

 

 

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